Rede zum Haushalt 2017 – Investieren mit Augenmaß

11. November 2016

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Am vergangenen Mittwoch habe ich den Haushalt für 2017 im Rat eingebracht. In meiner Rede habe ich deutlich gemacht, dass wir aufgrund der weiterhin guten Einnahmesituation kräftig investieren können: In die Innenstadt, das Gewerbegebiet Fernholte, die Schulen, den Feuerschutz, Kultur, Sport und Soziales. Alles wichtige Aufgaben! Aber angesichts der gewaltigen Investitionspakete müssen wir verstärkt darauf achten, dass wir unser Personal nicht überbelasten und die Infrastruktur auch langfristig finanzieren können.

Im Folgenden ist meine Rede im Wortlaut nachzulesen:

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, verehrte Stadtverordnete,

eigentlich hatte ich mich darauf eingestellt, heute zu Beginn sagen zu können, dass sich Amerika für Seriosität und gegen Populismus entschieden habe und dies für die Weltwirtschaft, den internationalen Handel und auch die internationale Zusammenarbeit gut sei. Leider ist es genau umgekehrt umgekommen: Amerika hat sich für den Populismus entschieden. Ein weiteres Mal nach dem Brexit ist das Ressentiment stärker als die Vernunft und unsere Welt ein Stück unsicherer geworden. Uns wird schmerzlich bewusst, dass man mit radikalen rückwärtsgewandten Positionen mittlerweile sogar Mehrheiten gewinnen kann. Der heutige Tag ist ein schwerer Rückschlag für die liberale westliche Demokratie.

Manchmal erinnert mich die augenblickliche weltpolitische Lage an ein Bild aus einer Chronik des 20. Jahrhunderts, die ich einmal durchgeblättert habe. Jedem Jahrzehnt wird dort auf einer Doppelseite ein Kunstwerk vorangestellt. Für die 30er Jahre ist dies ein Gemälde, auf dem die Rückansicht einer Gruppe gut gekleideter Personen sieht, die auf ein aufziehendes Gewitter mit schwarzen Wolken schauen. Die Zeichen unserer Zeit – Terrorismus, aufkeimender Nationalismus, ungelöste internationale Konflikte, Schwächung internationaler Institutionen, neue autoritäre Systeme und Rechtspopulismus – verheißen ebenfalls nichts Gutes. Wir sollten uns nur daran erinnern, dass politische Katastrophen kein Naturereignis wie ein Gewitter ist, und dass wir nicht zusehen dürfen, wenn unsere demokratischen und freiheitlichen Werte angegriffen werden. Wir sollten bei allen Verschiedenheiten vor den Wahlen im nächsten Jahr  klarmachen, dass wir gemeinsam für unsere Demokratie einstehen und die Demokratie die einzige Staatsform ist, in der auch die aktuellen Probleme fair, friedlich und nachhaltig lösen lassen.

Die politischen Verwerfungen unserer Zeit bedeuten natürlich auch Unsicherheit für die Weltwirtschaft. Ob die Sanktionen gegen Russland, das Abgleiten der Türkei in eine Diktatur, der Brexit oder nach wie vor ungelöste Strukturprobleme im Süden Europas: Wichtige Absatzmärkte auch für Attendorner Unternehmen sind politisch und wirtschaftlich unsicher.

Vor diesem Hintergrund ist es fast ein Wunder, wie robust und konstant erfolgreich die exportorientierten Attendorner Unternehmen arbeiten. An dieser Stelle gilt es Dank dafür zu sagen, dass wir uns auf eines verlassen können: Nämlich auf die Qualität, den Fleiß und die Standorttreue unserer familiengeführten Unternehmen sowie ihre Fähigkeit, auch in unübersichtlichen Zeiten angesichts immer neuer Herausforderungen stets neue Lösungen und Wege zu finden.

Unübersichtlich hat die Aufstellung dieses Haushaltes nicht nur die weltwirtschaftliche Lage gemacht. Erschwerend kam hinzu, dass das Amt für Finanzen und Steuern in diesem Jahr zum ersten Mal die Finanzsoftware „Infoma“ für die Aufstellung des neuen Haushaltes eingesetzt hat. Alle von Ihnen, die in ihrer Firma, schon mal einen ähnlichen Prozess erlebt haben, wissen, welche Probleme dabei auftauchen. Und so war es auch hier. Sicherlich bietet die neue Software neue Möglichkeiten und erleichtert die Arbeit mittelfristig. Im ersten Jahr bedeutet dies jedoch viel Trial and Error, immer wieder Suchen, Rat einholen und letzten Endes viele Sonderschichten. Ich möchte deshalb allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die an der Erstellung des Haushaltes beteiligt waren, an erster Stelle unserem Kämmerer Klaus Hesener, ein besonders großes Lob und meinen Dank aussprechen für die mühevolle Arbeit, die sie geleistet haben.

Ein Haushaltsplan enthält immer die Essenz der politischen Diskussionen und Beschlüsse des vorangegangenen Jahres, manchmal sogar mehrerer Jahre. Insofern ist auch dieser Haushalt wieder von dem geprägt, was wir uns gemeinsam vorgenommen haben.

Wir wollen unsere Innenstadt attraktiver gestalten und lebendiger machen. Das ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Attendorner weiter gern in ihrer Stadt leben, und potenzielle Arbeitskräfte für unsere Unternehmen Lust haben, sich hier niederzulassen. Dafür ist ein attraktiverer öffentlicher Raum genauso wichtig wie neue Angebote in Einzelhandel, Gastronomie und Freizeit. Im abgelaufenen Jahr haben wir uns erfolgreich die Förderung dafür Städtebaufördermittel des Landes sichern können. Darüber sollte man nicht voreilig hinweggehen. Erst durch die Fördermittel in Höhe von etwa 10 Mio. Euro werden wir in die Lage versetzt, unser ehrgeiziges Konzept umzusetzen und gut 30 Mio. Euro in unsere Innenstadt zu investieren.

Wir haben uns bereits in die Arbeit gestürzt und stecken mitten in umfangreichen Baumaßnahmen besonders in der Ennester Straße. Mit der Fertigstellung des Parkdecks am Feuerteich und dem Kreisel am Ennester Tor ist bereits ein erster Meilenstein erreicht worden.

Im nächsten Jahr wollen wir den Stadtumbau ungebremst fortsetzen und abermals 3,8 Mio. Euro investieren. Im Fokus steht dabei der Umbau der Ennester und Niedersten Straße zu attraktiven, verkehrsberuhigten und barrierefreien Geschäftsstraßen. Ist dies im nächsten Jahr abgeschlossen, so haben wir den jahrzehntelang ersehnten Umbau dieser Straßen geschafft und den wohl auch verkehrstechnisch größten Eingriff hinter uns. Wie schon den Medien Anfang September zu entnehmen war, wird der Umbau aufgrund von Standarderhöhungen und derzeit hohen Preisen im Bausektor teurer als zunächst erwartet. Ca. 650.000 Euro Mehrkosten sind für die Stadt Attendorn keine Peanuts. Aber ich möchte auch hier ausdrücklich noch einmal betonen: Der Umbau dieses Straßenzuges ist für uns so wichtig, dass wir diese Mehrkosten in Kauf nehmen und keine Abstriche an der Bauausführung machen. Das halte ich für ein starkes Signal auch an die dort ansässigen Geschäftsleute. Und Ihnen, meine Damen und Herren, danke für die einhellige Zustimmung bei der damaligen Dringlichkeitsentscheidung.

Im Bereich der Innenstadt wird aber im nächsten Jahr wesentlich mehr geschehen. Durch den Bau des Parkplatzes Mühlwiese wird eine große Anzahl von kostenfreien Parkplätzen entstehen, die wir für die Entlastung der Innenstadt vom Parkverkehr dringend brauchen. Daneben ist geplant, auch den Parkplatz am Kölner Tor in Zusammenhang mit der Ansiedlung von neuem Einzelhandel dort herzurichten. Die Kölner Straße ist auch sonst nächstes Jahr im Fokus. Zwischen dem Kreisel und dem Beginn der Einbahnstraße soll der Straßenraum so aufgewertet werden, dass das Kölner Tor wieder als Altstadteingang erkennbar und erlebbar ist. Weiter stadtauswärts soll die Abbiegespur von der Kölner Straße in den Zollstock verlängert werden. Dies ist die letzte Maßnahme, mit der der Verkehrsfluss auf der Kölner bzw. Hansastraße verbessert werden soll. Schon in diesem Jahr ist deutlich geworden, dass der Verkehr durch die abgestimmte Schaltung der Ampeln und die Verlängerung von Abbiegespuren deutlich flüssiger fließt. Alle weiteren Tiefbaumaßnahmen aufzuzählen, würde hier zu weit führen.

Wichtig ist mir jedoch, dass es eben nicht nur um den Tiefbau und die Aufwertung von Straßen geht. Mindestens genauso wichtig für das Erleben der Stadt ist es, positive Entwicklungen im Einzelhandel und in der Gastronomie anzustoßen. Neben dem durch die städtische Vermögensverwaltungsgesellschaft (VVG) geplanten Umbau und der anschließenden Einzelhandelsnutzung des ehemaligen ALDI an der Kölner Straße, sollen im nächsten Jahr auch Flächen für weitere neue Einzelhandelsschwerpunkte überplant werden.

Im Bereich der Niedersten Straße steht der Umbau der Alten Post an. Wie schon beim Kauf dargelegt, gibt es an diesem denkmalgeschützten Gebäude einen Sanierungsstau, den es aufzulösen gilt. Um die Post von außen und innen zu sanieren und zu modernisieren, im Einklang mit dem Denkmalschutz mit einem Aufzug auszustatten, und das Erdgeschoss zu einem Lokal für die Gastronomie umzubauen, sind im Haushalt Mittel in Höhe von 3,0 Mio. Euro eingestellt. Aber der hohe Betrag entspricht hier der Bedeutung. Wenn es uns gelingt, Platz und Gebäude attraktiv auszubauen und gastronomisch zu beleben, dann wird die Alte Post wirklich zu dem Trittstein schlechthin zwischen Allee-Center und Marktplatz, zwischen Attahöhle und Innenstadt, und ihr städtebauliches Potenzial wird endlich ausgeschöpft.

Städtebaulich soll sich aber nicht nur in der Innenstadt etwas tun. Auch im Schwalbenohl wollen wir für weitere Verbesserungen sorgen. Bereits in diesem Jahr gab es gute Nachrichten: In einem langjährigen Leerstand entsteht mit städtischem Zuschuss ein Sozial- und Begegnungszentrum – Eröffnung am 02.12. – Außerdem wurde der Spielplatz an der Dortmunder Straße aufwändig umgestaltet. Im nächsten Jahr stehen Mittel bereit für die Planung eines Stadtteilparks an der Nordumgehung sowie – endlich – für die Sanierung der Lübecker Straße. Diese Straße im Herzen des Schwalbenohls ist schon lange baufällig. Ich freue mich, dass wir 2017 und 2018 dort endlich für Abhilfe sorgen können. Daneben sollen in den folgenden Jahren weitere Straßen im Schwalbenohl saniert werden.

Auch im Straßenausbau haben wir in den vergangenen beiden Jahren deutliche Fortschritte machen können. Beispielsweise wird mit der Biekhofer Straße eine berüchtigt schlechte Straße gerade umgebaut. Die Straßen in den Neubaugebieten Auf dem Schilde und Hahnbeul sind größtenteils fertiggestellt worden. In der mittelfristigen Finanzplanung planen wir einen relativ zeitnahen Endausbau auch für die der Baugebiete Donnerwenge, Hahnbeuler Kopp, Wippeskuhlen-West, damit die Bürger hier nicht allzu lange warten müssen und wir den Ausbau nicht wie einen impliziten Schuldenberg vor uns her schieben. Im kommenden Jahr steht außerdem der Bau von Verkehrsinfrastruktur für die Neubaugebiete in Helden und Niederhelden, Drinker Schlah und Kerstein, an.

Zusammengenommen mit der privaten Erschließung eines Bauabschnittes in Ennest zeigt dies unseren Willen, der gestiegenen Nachfrage nach Baugrundstücken und Wohnraum gerecht zu werden, ohne auf Teufel komm raus und ohne Rücksicht auf den demographischen Wandel Bauland auszuweisen. Übrigens stehen im Haushalt weiterhin die Eigenmittel bereit, um einen flächendeckenden Breitbandausbau aller größeren Ortschaften über die Bundes- bzw. Landesförderung zu ermöglichen. Derzeit wird eine kreisweite Ausschreibung vorbereitet.

Andere gesellschaftliche Veränderungen sind es, die die Nachfrage nach Ganztagesangeboten befeuern. Bis jetzt ist die Mariengrundschule in Helden die einzige, die keine offene Ganztagsschule war. Allerdings ist der Raum für die Übermittagsbetreuung angesichts der Zahl der Anmeldungen hoffnungslos überfüllt. Ich halte es jetzt für den richtigen Zeitpunkt, auch in Helden ein offenes Ganztagesangebot zu machen und die dafür erforderlichen Räumlichkeiten zu schaffen. Für einen zeitnahen Umbau, der schon im nächsten Schuljahr genutzt werden soll, sieht der Haushalt insgesamt 510.000 Euro vor. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit diesem zeitgemäßen Angebot die Existenz der Heldener Grundschule auf absehbare Zeit sichern. Für die erforderlichen Baumaßnahmen wollen wir Fördermittel aus dem Landesprogramm „Gute  Schule 2020“ nutzen.

Meine Damen und Herren,

insgesamt steckt die Hansestadt Attendorn im nächsten Jahr 5,3 Mio. Euro in ihre Schulen. In dieser gewaltigen Summe drückt sich aus, dass uns die Schulen viel wert sind. In Attendorn müssen die Eltern nicht selbst die Klassenzimmer streichen. Vielmehr investieren wir fortlaufend in die Instandhaltung unserer Gebäude und versuchen, in Abstimmung mit den Schulleitern unsere Schulen von der Ausstattung her fit für Herausforderungen wie die Inklusion zu machen. Gleichwohl wünsche ich mir, dass der Gesetzgeber die Folgen für alle Beteiligten, darunter auch für die Kommunen, bei allzu oft übereilten Schulreformen stärker berücksichtigen würde.

Ein weiterer wichtiger Ausgabeschwerpunkt ist der Feuerschutz. Derzeit wird ein neues Feuerwehrgerätehaus in Niederhelden gebaut, das gut 2 Mio. Euro kostet. Im neuen Jahr planen wir Gesamtauszahlungen für die Feuerwehr von ca. 1,2 Mio. Euro. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Anschaffung eines neuen Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug (kurz: HLF 20) für die Löschgruppe Repetal (Helden) mit Kosten von ca. 350.000Euro. Damit gehen wir weiter konsequent den Weg, den uns das Feuerschutzkonzept 2020 gewiesen hat, damit weiterhin wir mit einer schlagkräftigen und motivierten freiwilligen Feuerwehr den Brandschutz in Attendorn gewährleisten können.

Für Kultur und Sport wendet die Stadt im kommenden Jahr 1,4 bzw. 0,7 Mio. Euro auf. Wenn vieles davon auch in den Bereich der freiwilligen Leistungen gehört, so glaube ich doch, dass jeder Euro gut angelegt ist. Hier geht es nämlich um ein attraktives Freizeitangebot, damit um weiche Standortfaktoren, und noch mehr, hier geht es um Erziehung, hier geht es um Prävention im sozialen wie im gesundheitlichen Sinn. Ein guter Teil dieser Mittel kommt direkt den Vereinen zugute, seien es Sport-, Musik-, Karnevalsvereine oder Chöre. Eine solche Förderlandschaft wie die in Attendorn sucht man ringsum vergebens. Grundlage dafür ist die gesunde Haushaltswirtschaft der Stadt, für die wiederum das Gewerbesteuerniveau verantwortlich ist. Man muss sich immer wieder vor Augen führen, dass dies nicht selbstverständlich ist.

Gleiches gilt für die erstmalige Ausrichtung des Attendorner Kultursommers, den ich an dieser Stelle vor einem Jahr erstmals angekündigt habe. Der Kultursommer ist im Sommer hervorragend angekommen und natürlich stehen auch im nächsten Jahr die Mittel dafür bereit.

Durch die Presseberichterstattung ist in diesem Jahr deutlich geworden, dass Attendorn für seine Musikschule im Kreis Olpe und auch landesweit mit weitem Abstand den höchsten Zuschuss pro Schüler leistet. (rd. 1.000 €/Schüler/Jahr). Hier gilt es maßvoll nach Sparpotenzialen zu schauen. Sie können aber sicher sein, wir haben dabei im Sinn, dass die Musikschule weiterhin ein breites Angebot bieten soll, das nicht nur für Besserverdienende erschwinglich ist.

Nach langen Jahren stehen auch umfangreichere Investitionen in unser Rathaus an. Aber keine Angst, auch wenn das Rathaus älter ist als das am südlichen Ende des Biggesees, steht kein Abriss und Neubau an. Es ist jedoch erforderlich, die Zahl der Büroarbeitsplätze zu erhöhen, die Barrierefreiheit zu verbessern und Räumlichkeiten wie das Foyer oder den alten Ratssaal zeitgemäß und adäquat zu nutzen. 2017 sollen dafür erste kleinere Maßnahmen umgesetzt und eine Gesamtplanung erstellt werden.

Meine Damen und Herren,

die Stadt Attendorn hat also viel vor. Vieles ist zusätzlich noch in der Pipeline, für das das Geld schon in früheren Haushaltsjahren bereitgestellt wurde. Das wichtigste Beispiel dafür ist das Industriegebiet Fernholte-Eckenbach. Auch dort soll es im nächsten Jahr weitergehen. Nach unserer Planung wollen wir im Frühjahr einen rechtskräftigen neuen Bebauungsplan sowie eine entsprechende wasserrechtliche Genehmigung haben, damit die Bauarbeiten fortgesetzt werden können. Die Stadt wird nach der mittelfristigen Finanzplanung noch allein für den Straßen- und Kanalbau im Plangebiet ca. 6,8 Mio. Euro investieren müssen. Aber ich glaube, dies ist gut angelegtes Geld.

Genauso wie wir heute froh darum sind, dass unsere Vorgänger den bahnbrechenden Beschluss gefasst haben, das Industriegebiet Ennest zu entwickeln, so wird uns die nächste Generation dankbar sein, dass wir uns nicht davon abbringen lassen, das Industriegebiet Fernholte-Eckenbach zu entwickeln. Auch wenn es nicht jeder einsieht: Die Hansestadt Attendorn hat keine Gewerbeflächen mehr zu vergeben, aber der Bedarf ist da. Das belegen die immer wieder eingehenden Bewerbungen für das neue Industriegebiet. So lästig und unnötig die hohen Kosten für die Umplanung auch sein mögen, ich bin überzeugt, dass eines Tages die Stadt auch finanziell davon profitieren wird, dass wir das Ziel konsequent weiterverfolgen und uns von der Blockadehaltung einiger weniger nicht beeindrucken lassen.

Meine Damen und Herren,

soweit meine Ausführungen zu unseren Zielen. Wieder einmal erreichen die geplanten neuen Investitionen mit einer Höhe von 13,9 Mio. einen überaus stattlichen Wert, besonders wenn man die hohen Ausgabereste aus noch nicht ausgeführten, aber bereits beschlossenen Investitionen vergangener Jahre hinzuzieht. Wir investieren kräftig, wo es für die Zukunft nötig ist, beachten dabei aber unsere finanziellen Spielräume. Es stellt sich immer wieder von neuem die Frage, welche finanzielle Ausgangslage wir vorfinden, um unsere Ziele zu erreichen.

Die wirtschaftliche Lage und damit auch unsere Einnahmesituation sind weiterhin als gut bezeichnen. Im laufenden Jahr dürfen wir bei der Gewerbesteuer allein mit rd. 38 Mio. Euro rechnen. Das wäre für die meisten Kommunen unserer Größe wie ein Sechser im Lotto. Zu verdanken ist dies, ich sagte es eingangs schon, der gut aufgestellten innovativen Industrie in Attendorn. An dieser Stelle noch einmal mein herzlicher Dank an die weitsichtigen und heimatverbundenen Unternehmer und ihre hoch motivierten und qualifizierten Belegschaften.

Im kommenden Jahr rechnen wir mit Gewerbesteuereinnahmen von 32 Mio. Euro. Dieser um 2 Mio. erhöhte Ansatz ist auch rekordverdächtig, trägt aber der Tatsache Rechnung, dass wir in den letzten Jahren zwar konstant hohe Gewerbesteuereinnahmen hatten, aber sicherlich vorsichtig kalkulieren sollten. Außerdem werden sich die hohen und begrüßenswerten Investitionen einiger Unternehmen kurzfristig steuermindernd auswirken. Auch bei der Grundsteuer und dem kommunalen Anteil an der Einkommensteuer gehen wir von einem moderaten Wachstum aus. Nach der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzen steigt unser Umsatzsteueranteil sogar um 600.000 Euro.

Erwähnenswert ist sicherlich, dass wir abermals nicht an der Steuerschraube drehen. Trotz der enormen Investitionsvorhaben, bleiben die Steuersätze für Grund- und Gewerbesteuer konstant und damit unter den je zehn niedrigsten in NRW. Und ich möchte ausdrücklich betonen, dass wir uns da stark von einer Stadt wie Monheim unterscheiden, die ihre Steuersätze auf Dumpingniveau gesenkt hat und einen Wirtschaftsboom auf Kosten der Nachbarn im Köln-Düsseldorfer Speckgürtel erleben. in Attendorn haben wir es einfach geschafft, mit dem Geld auszukommen, was wir durch eine weitsichtige Industrieflächenpolitik erwirtschaftet haben, und brauchen daher dem Bürger nicht ständig tiefer in die Tasche greifen.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch erwähnen, dass auch die Abwasser- und Abfallgebühren konstant bleiben.

Dieser an sich guten Einnahmesituation stehen leider immer höhere Transferausgaben gegenüber. In diesem Jahr ist es vor allem die krachende Erhöhung der Kreisumlage, die uns zu schaffen macht. Attendorn, die wirtschaftliche Lokomotive des Kreises, steuert in diesem Jahr etwa 30% zu einer rd. 106 Mio. Euro schweren Kreisumlage bei, also fast genau so viel wie die zu erwartende Gewerbesteuer.

Auch wenn ich nicht der Meinung bin, dass der Kreis alle Einsparpotenziale in seinem Haushalt gehoben hat, so liegt die diesjährige Erhöhung doch vor allem in der abermals sprunghaft gestiegenen Landschaftsverbandsumlage begründet. Und diese wiederum hat ihren Ursprung in verschiedenen bundesgesetzlichen Verpflichtungen im sozialen oder Pflegebereich. Meine Damen und Herren, mir liegt es fern, jede der Verpflichtungen abzulehnen. Aber wenn hier nicht endlich das Konnexitätsprinzip beachtet wird, dass nämlich der, der die Musik bestellt, auch zahlt, dann wird jede finanzielle Entlastung der Kommunen wie bisher durch den ständigen Anstieg der Soziallasten verpuffen. Eine Entlastung der kommunalen Haushalte bleibt dann Makulatur.

Ebenso kritisch muss man den Kommunal-Soli bewerten, der leider vor dem nordrhein-westfälischen Verfassungsgerichtshof zunächst bestätigt worden ist. Aus meiner Sicht lässt die Begründung des Gerichtes für ihren Beschluss jedoch viele Frage offen. Fragen, über die nun das Bundesverfassungsgericht entscheiden soll. Ja, wir sollten jede Möglichkeit ausschöpfen, den Kommunal-Soli zu Fall zu bringen oder zumindest entscheidend umzugestalten. Die handwerklichen Defizite in seiner Konstruktion sind dazu zu offenkundig. Letztlich aber muss über den Kommunal-Soli politisch geurteilt werden. Und mein Urteil fällt so aus, das der Kommunal-Soli Kranke nicht gesund machen kann. Wohl aber kann er Gesunde auch noch krank machen. Im nächsten Jahr ist übrigens mit einem Anstieg des Kommunal-Solis auf 2,4 Mio. Euro zu rechnen.

Einen Lichtblick gibt es dagegen immerhin beim Anteil des „Soli-Ost“ an der Gewerbesteuerumlage, der 2020 auslaufen soll. Damit könnten wir ab 2020 einen Betrag etwa in Höhe der derzeitigen Abundanzumlage behalten. Man soll aber bekanntlich den Tag nicht vor dem Abend loben.

Meine Damen und Herren,

insgesamt ergibt sich damit aus Erträgen und Aufwand ein negatives Jahresergebnis von 4,9 Mio. Euro. In der Liquiditätsplanung ist mit einem Abfluss von Mitteln in Höhe von 13,2 Mio. Euro zu rechnen. Da die Ausgleichsrücklage durch die vergangenen guten Haushaltsjahre gut gefüllt sind, ist der fiktive Haushaltsausgleich nicht in Gefahr, gleiches gilt für die Liquiditätsreserven. Es gilt aber das Augenmerk darauf zu richten, dass mittelfristig angesichts der Finanzierung von Großprojekten die Reserven deutlich schmelzen werden.

Ob wir alle geplanten Projekte wie gewünscht angehen können, das liegt auch am verfügbaren Personal. Die Stadtverwaltung verfügt derzeit über vergleichsweise junge, motivierte und hoch qualifizierte Mitarbeiter. Doch angesichts der zu gewaltigen Aufgabenpakete, die durch immer höhere und neue gesetzliche Verpflichtungen noch verstärkt werden, stoßen wir personell mittlerweile deutlich an unsere Grenzen. Ein Indikator dafür sind die bedenklich angestiegenen Rückstellungen für Überstunden am Jahresende.

Sicherlich gibt es immer wieder Belastungsspitzen, langfristig darf man das Personal jedoch nicht auf Verschleiß fahren. Vor diesem Hintergrund schlagen wir Ihnen vor, den Stellenplan in besonders geforderten Bereichen der Stadtverwaltung insgesamt um 5,34 Stellen zu erhöhen. Damit, natürlich auch durch Tarifsteigerungen steigen die Personalkosten von 11 auf 11,7 Mio. Euro. Eine solche Erhöhung war in den letzten Jahren unüblich. Ich glaube aber, dass wir anders den Aufgaben und auch der Abarbeitung der politischen Agenda nicht gewachsen sind. Selbstverständlich ist auch Outsourcing, da wo es sinnvoll ist, in dieser Personalsituation eine Option.

Dauerhaft führt es aber in die Irre, Personal aufzubauen und darauf zu vertrauen, dass sich unsere Einnahmesituation niemals ändert. Man darf in guten Zeiten nur so viele Mitarbeiter beschäftigen wie man in schlechten bezahlen kann, und nicht umgekehrt. Vielmehr wird eine ehrliche Aufgabenkritik immer notwendiger. Wir – Rat und Verwaltung – müssen dringend gemeinsam darüber nachdenken, welche Aufgaben für die Entwicklung unserer Stadt die wichtigsten sind, und uns von anderen konsequent verabschieden. Ich bitte Sie, dies bei ihren Haushaltsberatungen zu berücksichtigen.

Bund und vor allem das Land können uns da insofern helfen, wenn sie uns einfach in Ruhe lassen. Immer neue Vorgaben, Verfahren und bürokratische Pflichten binden Personal und bringen oft nur wenig. Gut gemeinte Initiativen wie erst neulich im Abwasserbereich entpuppen sich allzu häufig als Bürokratiemonster. Es würde uns allen weiterhelfen, wenn die Kommunen von allzu kreativen Ministerialbeamten nicht ständig als Lastesel eingesetzt würden.

Lassen Sie mich auch noch eine Bemerkung zum Thema Asyl machen. Im Jahr 2015 hat die Aufnahme von Hunderten Asylbewerbern unser Personal fast in Gänze gefordert. Wir haben das gut bewältigt. Wie stark uns diese Aufgabe im nächsten Jahr fordert, wissen wir nicht. Niemand weiß, wie viele kommen. Klar ist nur, dass die, die bereits hier sind, auch bestmöglich integriert werden sollen. Und klar ist auch, dass die weltweiten Migrationsströme ein Thema sind, das auch uns in Attendorn dauerhaft betrifft. Finanziell ist das Thema deshalb eine Wundertüte. Finanziell rechnen wir Ausgaben für den Asylbewerberleistungsbereich von 3,2 Mio, und mit Zuwendungen des Landes in etwa gleicher Höhe. Es ist zu begrüßen, dass das Land seine Zuwendungen in Höhe von 10.000 Euro und Jahr ab 2017 endlich nach Köpfen und nicht mehr nach Einwohnerzahl vornimmt. Gleichwohl fließt noch kein Cent für die Integration an die Kommunen Wir müssen gegenüber Bund und Land darauf pochen, dass die Kommunen mit diesen Kosten nicht allein gelassen werden.

Meine Damen und Herren,

lassen Sie mich zum Schluss kommen. Viele andere Kommunen setzen entweder zweifelhafte finanzielle Schwerpunkte oder sie haben gar nicht die Mittel, außer ihren Pflichtaufgaben irgendwelche Schwerpunkte zu verfolgen. Ich glaube, dies ist bei uns in Attendorn anders.

Wir investieren massiv in unsere Innenstadt. Sie soll ein Anziehungspunkt für Alt und Jung, für Einheimische, Zugezogene und Gäste werden. Wir investieren in das Industriegebiet Fernholte, damit unsere Unternehmen sich entwickeln und unsere Zukunft sichern können. Wir investieren in gute Schulen und einen funktionierenden Brandschutz. Wir investieren in Kultur, Sport und Soziales, um den Zusammenhalt der Attendorner zu fördern. Wir investieren nachhaltig in unsere Infrastruktur oder einen Fonds für die zukünftige Ausfinanzierung der Pensionslasten, um diese Lasten nicht auf die kommende Generation zu verschieben.

Doch bei all dem gilt es zu beachten, wie fragil nicht nur die gesamtwirtschaftliche Lage, sondern auch die Struktur der Attendorner Gewerbesteuerzahler ist. Auch in Altena hat man sich seinerzeit nicht vorstellen können, dass die Drahtindustrie mal in die Knie geht. Außerdem engen schon die unaufhörlich steigenden Umlageverpflichtungen unsere Spielräume deutlich ein.

Trotzdem ist die Höhe unserer Investitionen durchaus beeindruckend. Wir sollten uns nicht davon blenden lassen, dass es kein Rekordhaushalt ist. Denn erstens warten noch nicht durchgeführte Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe auf ihre Erledigung. Und zweitens erweist sich immer mehr, dass auch unser höchst motiviertes Personal nicht auf Dauer immer neue Rekord-Investitionen stemmen kann. Ich möchte an Sie appellieren, beides zu beachten. Wir müssen spätestens nach Abarbeitung der Großprojekte Innenstadtentwicklung und Fernholte dazu kommen, realistische und handhabbare Investitionspakete zu schnüren.

Ich hoffe, dass wir dafür Verständnis wecken können. In den kommenden Beratungen werden wir sicherlich wie in den letzten Jahren konstruktiv miteinander diskutieren und schließlich einen konsensfähigen Haushalt hinbekommen. Alle Fraktionen haben hier in den letzten Jahren Augenmaß bewiesen. Ich bin mir sicher, dass es dieses Jahr nicht anders ist. Meine Mitarbeiter und ich stehen Ihnen bei Ihren Beratungen jederzeit bei Fragen zur Verfügung.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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