In der letzten Woche war in der Presse von meinem ersten Treffen mit dem Bürgermeister der polnischen Stadt Rawicz zu lesen. Rawicz ist eine Kreisstadt mit ca.30.000 Einwohnern, die zwischen Breslau und Posen im westlichen Polen gelegen ist. Der Stadtrat hatte in seiner letzten Sitzung beschlossen, vertiefte Beziehungen mit der Stadt Rawicz aufzubauen, mit dem Ziel in einen freundschaftlichen Austausch zu kommen und womöglich in der Zukunft eine Städtepartnerschaft zu schließen.

Wie aber kommen wir in Attendorn auf Rawicz, eine Stadt, die mir selbst bis vor drei Jahren unbekannt war?

1. Eine Schule aus Rawicz unterhält einen Schüleraustausch mit dem St.-Ursula-Gymnasium, so dass schon auf eine bestehende Verbindung aufgesetzt werden kann. Weitere Schulen in Rawicz könnten Anknüpfungspunkte auch für die anderen Attendorner Schulen bieten.

2. Rawicz selbst hat über den Städte- und Gemeindebund nach einem Partner in Deutschland gesucht. Und es ist besser, gegenseitig aufeinander zuzugehen, anstatt Städten hinterherzulaufen, die womöglich gar kein Interesse haben.

3. Rawicz ist mit 30.000 Einwohnern eine Stadt aus der gleichen Größenordnung wie Attendorn. Auch die Strukturen, was beispielsweise Sportvereine oder die Feuerwehr angeht, sind vergleichbar und bieten weitere Anknüpfungspunkte.

4. Rawicz ist gut erreichbar. Innerhalb eines Tages können wir mit dem Reisebus dorthin fahren. Sind einmal persönliche Kontakte entstanden, kann sich auch jeder Attendorn allein ins Auto setzen und seine Bekannten dort besuchen. Noch schneller geht es, wenn man von Dortmund nach Breslau fliegt und von dort den Schnellzug nach Rawicz nimmt.

5. In Attendorn haben wir 800 Mitbürger mit polnischem Pass, davon sind zwei Drittel gleichzeitig deutsche Staatsbürger. Wir können diese große Gruppe sicherlich gut in den Austausch einbinden und ihrer Herkunft und Kultur damit Anerkennung entgegenbringen. Natürlich gibt es noch mehr Türken oder Italiener in Attendorn, aber hier geht es auch um den Zusammenhang mit den anderen aufgezählten Vorzügen von Rawicz.

6. Wenn es ein Nachbarland gibt, dass es für die Deutschen, auch für die Attendorner, lohnt besser kennenzulernen, dann ist es Polen. Wir waren alle schon in den Ländern West- und Südeuropas. Aber wer kennt schon die reichhaltige Kultur Polens, den rasanten Wandel, den das Land seit 1990 durchlebt hat, und seine großzügige Gastfreundschaft?

7. Polen und Deutsche verbindet eine wechselvolle Geschichte, von der auch Rawicz, das bis 1918 zum Deutschen Reich gehörte, zeugt. Nach den grauenvollen Verbrechen, die Deutsche im Zweiten Weltkrieg verübten und der Trennung durch den Eisernen Vorhang, können wir mit einer Freundschaft zu einer polnischen Stadt ein besseres, freundlicheres Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte aufschlagen bzw. vertiefen.

8. Die EU ist in einer Krise. Die Länder Europas driften derzeit eher auseinander als ihre Zusammenarbeit zu verstärken. Auch zwischen der polnischen Regierung und der EU zeigten sich zuletzt Risse. Wir können als kleine Städte unseren Beitrag dazu leisten, dieses Europa von unten zu stärken.

All diese Gründen haben mich überzeugt, dass Rawicz ein geeigneter Partner wäre. Das erste, sehr positive Zusammentreffen mit Bürgermeiste Kubik hat mich darin bestätigt. Das heißt allerdings nicht, dass wir damit Verbindungen auch zu anderen Städten und Ländern für die Zukunft ausschließen.

Ich würde mich aber freuen, wenn nun möglichst viele Attendorner mithelfen würden, freundschaftliche Beziehungen zu Rawicz aufzubauen. Eine Unterstützergruppe soll noch vor den Sommerferien gegründet werden. Die Unternehmen unserer Stadt sind international ausgerichtet. Und auch wir als Stadt können durch einen Austausch auf vielen Ebenen unseren Horizont erweitern und Europa leben.

(Auf dem Bild v.l. Dezernent Hesse, Wirtschaftsberater Askielowicz, Bürgermeister Kubik und ich)

 

 

 

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